Das Leben ist (k)ein Spiel

Spielraum im Lagerhaus

Es war die Frage nach dem Sinn, die im Zentrum unserer Erkundungen des Spielraums stand, als wir uns zuletzt mit ihm beschäftigt haben. Genauer gesagt war es seine Abwesenheit, die Sinnlosigkeit und die daraus entstehende Freiheit, sich im Spiel zu verlieren. Das Spiel eröffnet Raum für Unerwartetes. Was kann in einem solchen Raum alles entstehen?

In der philosophischen Anthropologie gibt es den spielenden Menschen (homo ludens), über den erklärt wird, wie wir unsere kulturellen Fähigkeiten erlernen. Politik, Wissenschaft, Religion, unser Rechtssystem und viele andere sind ursprünglich aus dem Spiel entstanden und haben sich durch ein ritualisiertes Wiederholen zu dem entwickelt, was sie heute sind. Betrachten wir also die Spielräume von heute, entdecken wir in ihnen vielleicht Elemente der Zukunft, die sich nur noch nicht zu Ritualen entwickelt haben. 

Wir richten unseren Blick auf das Lagerhaus, in dem die Idee vom Spielen auf kleinstem Platz, aber in vielen unterschiedlichen Räumen stattfindet. 

Spiel und Arbeit

Gamification (von “game” abgeleitet) bedeutet, dass die Kraft der Spiele für Kontexte genutzt wird, die ursprünglich gar nichts damit zu tun haben. So halten spielerische Elemente Einzug in die Büroräume von Gadget und Monami. Die beiden Firmen sind seit einigen Monaten im Lagerhaus angekommen und nutzten den neuen Ort, um im Fall von Gadget klassische Formen des kollektiven Spiels – Pingpong und Jöggeli – Teil des Office-Alltags zu machen. Monamis Räumlichkeiten gehen einen Schritt weiter: Der gesamte Grundriss ist dem Wochenablauf nachempfunden und von einer bürointernen Bar bis hin zu Schaukeln im Eingangsbereich verströmt der Hauptsitz der Agentur verspielte Vibes.

Spiel im Alltag

„Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen (…) wird”, heisst es in der Definition des homo ludens. Bei den Betreiber:innen des Feelgy (Feel Good Kiosk) bedeutet das eine freie Umsetzung eines Kiosks, wie er typisch für das Quartier rund um die Langstrasse ist, in dem sich das Lagerhaus befindet. Feelgy spielt mit der Idee eines zeitgemässen Kiosks und bietet neben dem klassischen Sortiment auch selbst gebundene Blumensträusse, verschiedene Grünpflanzen, vorgemixte Drinks oder verschiedenen Playlists für den Nachmittag, Abend und die Nacht. Hier hält man nicht nur kurz, um Zigaretten zu kaufen, sondern wird selbst zum Mitspielen verführt – wie an den Pingpong-Abenden für alle, die das Potential haben, zu neuen Ritualen zu werden. 

Musikspiel

Kaum ein Bereich bietet deutlicher Platz für den Spieltrieb, als die Musik. So befinden sich ebenfalls im Untergeschoss die Proberäume, die aus zwei Kellerräumen entstanden sind. Das Mayin Collective, eine sechsköpfige Psychedelic Rock Soul Funk Band, und ein Kollektiv aus verschiedenen DJs spielen, proben und experimentieren dort. Und das Spielen von Musik kann noch mehr; im Rahmen des Lagerhaus-Fests, das Anfang Juli stattfand, gab Lagioia ein Konzert, das den kollektiven Charakter des Musikspielens unterstrich. Es eröffnet Räume für den gemeinsamen Genuss.

https://www.instagram.com/lagioiaofficial/?hl=de

Die aktuellen Entwicklungen der Weltlage zeigen deutlich, dass das Leben kein Spiel ist. Doch die Momente im Lagerhaus erinnern uns daran, wie wichtig es ist, ihm immer wieder spielerische Augenblicke abzugewinnen und den Raum dafür zu schaffen.